Meinung

Kiesewetter auf Ecstasy: Die Deutschen werden nicht gefragt

Im Streit um die Taurus-Marschflugkörper für die Ukraine zeigt sich erneut, dass die Meinung der Deutschen für Machthaber und formale Oppositionsfalken wie Kiesewetter nichts zählt. Während die Bevölkerung mehrheitlich gegen die Lieferung ist, haben er und Lindner sie bereits beschlossen.
Kiesewetter auf Ecstasy: Die Deutschen werden nicht gefragtQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Wolfgang Maria Weber

Von Tatjana Montjan

Der deutsche Fernsehsender ARD hat die Ergebnisse einer Umfrage veröffentlicht, die das Meinungsforschungsinstitut infratest dimap in seinem Auftrag durchgeführt hat. Demnach sprachen sich 52 Prozent der wahlberechtigten Deutschen gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine aus. Nur 36 Prozent sind für die Lieferung der Raketen an die Ukraine.

Trotzdem will die Bundesregierung der Ukraine die Taurus-Marschflugkörper liefern. Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte bei seinem Besuch in Kiew, dass die Frage bereits geklärt sei, es nur noch einige Schwierigkeiten im Detail gebe. Er, der Minister, hoffe auf eine "rasche Lösung dieser Fragen".

Wenn jemand widerspricht, bekommt er auf der Stelle und öffentlich einen Rüffel. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, der die Zweckmäßigkeit der Lieferungen infrage stellte, wurde in den Medien und auch von seinen Parteifreunden im Bundestag scharf gerügt. 

Einer dieser Parteifreunde nimmt offensichtlich ganz starke Rauschmittel. Roderich Kiesewetter, ein Abgeordneter der oppositionellen CDU/CSU, sagte öffentlich, dass die Taurus der Ukraine helfen würden, die Krim zurückzuerobern. Der deutsche Abgeordnete gab nicht an, wie genau ein paar Hundert Marschflugkörper Russland so viel Schaden zufügen könnten, dass es sich weinend von der Krim aus zurückzieht. 

Kiesewetter ist bekannt dafür, Befürworter von mehr Waffenlieferungen an die ukrainischen Streitkräfte zu sein. Auf Kretschmers mahnenden Aufruf, der Diplomatie eine Chance zu geben, antwortete Kiesewetter mit den Worten, dass aufgrund einer Haltung wie der seinen "die Ukraine zerfallen und Putin seinen Krieg gegen Moldawien und die baltischen Staaten fortsetzen wird".

Der CDU-Falke verstieg sich sogar dazu, dem sächsischen Ministerpräsidenten zu drohen:

"Millionen von Ukrainern werden ihre Heimat verlassen und auch in Sachsen wird der Wohnraum knapp werden. Dann können Sie Ihre Wiederwahl und die CDU Sachsen getrost vergessen."

Dass die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler, deren Wille für die Behörden demokratischer Staaten formal Gesetz sein sollte, sich gegen eine weitere Eskalation des Konflikts richtet, scheint Kiesewetter und die Herrschenden in Deutschland nicht zu interessieren. Auch dass die Ukrainer vor Kriegshandlungen fliehen, die er mit Waffenlieferungen verlängern will, ficht ihn nicht an.

Es ist offensichtlich, dass jeder Versuch, in Deutschland an die Vernunft zu appellieren, auf eine immer kompromisslosere Ablehnung von Kiesewettern aller Art stoßen wird, die nicht im Interesse Deutschlands, sondern der Vereinigten Staaten und Großbritanniens handeln. Auf die britischen und französischen Marschflugkörper werden also deutsche folgen. Interessanterweise geben die USA ihre Tomahawks nicht an das Speckreich ab. Entsprechendes wird dort nicht einmal debattiert. 

Was uns angeht, so hat der Krieg in der Ukraine dazu beigetragen, viele Mythen über sogenannte demokratische Gesellschaften zu zerstreuen. Die Illusion, dass in "normalen Ländern" die Behörden immer auf die Meinung der Bevölkerung hören und in deren Interesse handeln, ist einer der verpufften Mythen.

Tatjana Montjan ist eine prominente ukrainische Rechtsanwältin und Strafverteidigerin, Publizistin und Bloggerin mit Millionenpublikum. 2004 noch auf der Seite des ersten Maidans, bezeichnete sie den Euromaidan im Herbst 2013 als Zerstörung der ukrainischen Staatlichkeit und stellte sich entschieden gegen diesen. Vor Beginn der russischen militärischen Intervention musste sie Kiew verlassen, nachdem sie vor den UN über die Zustände in der Ukraine gesprochen hatte. Derzeit lebt sie im Donbass, engagiert sich für humanitäre Hilfe und führt tägliche Videoblogs. Man kann ihr auf ihrem Telegram-Kanal folgen. Ihr Kanal auf Youtube wurde im Frühjahr 2022 von dem US-Unternehmen gelöscht.

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