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"Verkünder des Regierungsnarrativs": Wie Merkel ausgewählte Medien in der Corona-Krise einspannte

Ein neues Gutachten offenbart, wie die ehemalige Kanzlerin Angela Merkel ausgewählte Medien in der Corona-Krise einspannte. Ziel war es, die öffentliche Meinung zu beeinflussen und Druck auf möglicherweise abweichende Ministerpräsidenten auszuüben.
"Verkünder des Regierungsnarrativs": Wie Merkel ausgewählte Medien in der Corona-Krise einspannteQuelle: www.globallookpress.com © Sean Gallup/Keystone Press Agency

In der Corona-Krise wurde oft kritisiert, dass deutsche Mainstream-Medien einseitig und vollkommen auf Regierungslinie berichteten. Nun zeigen neue Enthüllungen, wie die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Sprecher Steffen Seibert die Medien beziehungsweise Teile der Leitmedien in der Corona-Krise steuerten.

Konkret geht es um den Vorwurf, dass Merkel und Seibert am Tag vor wichtigen Bund-Länder-Konferenzen zur Entscheidung über Corona-Maßnahmen eine Gruppe von Journalisten aus deutschen Leitmedien zu Hintergrundgesprächen einlud. Diesen wurde dann klargemacht, warum das Kanzleramt härtere Corona-Maßnahmen für nötig hielt. Dies geschah, damit die Linie des Kanzleramtes zum jeweiligen Gipfel-Tag in den Zeitungen und auf Online-Portalen zu lesen war. Auf diese Weise sollten möglicherweise abweichende Ministerpräsidenten unter Druck gesetzt und die öffentliche Meinung gesteuert werden. Welche Journalisten an den Hintergrundgesprächen teilnahmen und welche konkreten Themen besprochen wurden, ist bisher jedoch unklar.

In der vergangenen Woche hatte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) in einem Gastbeitrag für die Berliner Zeitung dafür plädiert, dass neben den Maßnahmen auch die Rolle der Medien in der Corona-Berichterstattung aufgearbeitet werden müsse. Man habe erlebt, dass "viele Journalisten irgendwann nur noch eine coronapolitische Erzählung verteidigten, auf die sie sich einmal festgelegt hatten, anstatt der Wahrheit weiterhin auf die Spur zu gehen". Kubicki erklärte:

"Wir haben auch erlebt, dass dies politisch sogar kultiviert wurde. Die regelmäßigen journalistischen Hintergrundgespräche von Regierungssprecher Steffen Seibert an den Tagen vor den unsäglichen Bund-Länder-Runden waren dazu da, eine öffentliche Stimmung zu erzeugen, die die politische Linie Angela Merkels stützte. Journalisten machten sich damit offenbar zu Verkündern des Regierungsnarrativs und gaben ihre demokratische Aufgabe und ihre journalistische Selbstachtung an der Garderobe des Bundespresseamtes ab. Nicht nur das ist ein beispielloses Versagen, das einer Aufarbeitung bedarf."

Nun bestätigt am Dienstag ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages mit dem Titel "Zur Informations- und Pressearbeit staatlicher Stellen", dass Merkels Informationspolitik "rechtlich fragwürdig" gewesen sei. Dies erklärte Kubicki, der das Gutachten in Auftrag gegeben hatte, dem Tagesspiegel. Im Gutachten heißt es, die Informationsweitergabe staatlicher Stellen sowohl auf eigene Initiative als auch aufgrund eines journalistischen Auskunftsersuchens dürfe "nicht auf eine Reglementierung oder Steuerung der Medien oder eines Teils von ihnen hinauslaufen".

Laut Kubicki sei dies jedoch gegeben, "wenn Corona-Schilderungen in der vertraulichen Journalisten-Runde so eindringlich von Regierungssprecher Steffen Seibert dargestellt wurden, dass Druck auf die Ministerpräsidenten aufgebaut wurde". Kubicki erklärte, er habe erst kürzlich von dem entsprechenden Bericht des Tagesspiegels erfahren, sonst hätte er die Anfragen an die Regierung schon früher gestellt. Allerdings sei er bei ähnlichen Anfragen zu der wissenschaftlichen Beratung durch Experten vor den Bund-Länder-Konferenzen bereits in der Vergangenheit auf eine Mauer des Schweigens gestoßen.

Vertrauliche Hintergrundgespräche mit ausgewählten Journalisten standen bereits in der Vergangenheit oft in der Kritik, gehören in der Bundesrepublik jedoch zur üblichen Praxis der Ministerien. Im Jahr 2019 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass Themen und die Auswahl der Gesprächspartner grundsätzlich transparent gemacht werden müssen.

Sowohl unter der alten als auch in der neuen Regierung änderte sich jedoch nichts an der bisherigen Praxis. So hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eine Klage des Tagesspiegels auf Aufklärung der Hintergrundgespräche des Kanzleramts in der Ära Merkel im Juli 2022 zurückgewiesen, da Merkel und Seibert nach dem Regierungswechsel aus ihren Ämtern ausgeschieden seien. Damit seien die Informationen "unerreichbar" geworden. Zuvor war ein weiterer Antrag im Frühjahr 2021 mangels Eilbedarfs zurückgewiesen worden. Eine Aufarbeitung von Merkels Hintergrundgesprächen ist zumindest in der nächsten Zeit entsprechend unwahrscheinlich.

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