Europa

NGO-Gesetze in Georgien und EU: Freiheit "ohne Grenzen" versus "Bündel Brennholz"

Ebenso wie in der EU verfolgen die USA auch in Georgien das Ziel, die Zivilgesellschaft zu kontrollieren. Erreicht werden soll dies durch die maximale Einschränkung externer Informationen. Die georgische Regierung weigert sich jedoch, Gesetze über die Registrierung ausländischer Agenten und die Offenlegungspflicht der NGO-Finanzierung durchzusetzen. Wie unterscheidet sich die Situation in Georgien von der Lage in der EU?
NGO-Gesetze in Georgien und EU: Freiheit "ohne Grenzen" versus "Bündel Brennholz"Quelle: www.globallookpress.com © Michael Kuenne

Von Dmitri Ewstafew

Zwei Nachrichten folgen aufeinander: die Weigerung der georgischen Regierung, im Parlament das Gesetz über die obligatorische Registrierung ausländischer Agenten durchzusetzen, welches aus der amerikanischen Urquelle abgeschrieben ist, und die Pläne, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in Europa zu verpflichten, über ausländische Finanzierung, auch aus privaten Quellen, zu berichten, um eine potentielle Bedrohung der "europäischen Demokratie" bewerten zu können.

Nebenbei stellt sich heraus, es gehe um die Vorbereitung einer europaweiten Gesetzgebung über ausländische Agenten.

Hier zeigt sich aber nicht einfach nur die "demokratische Heuchelei" des gegenwärtigen Westens. Es gibt auch einige Nuancen, in denen sich der grundlegende Unterschied zwischen der Situation in Georgien und den europäischen Ländern, insbesondere Deutschland und Frankreich, widerspiegelt.

In Georgien verfolgen die Amerikaner das Ziel einer endgültigen Entsouveränisierung des Landes und der absoluten Unterwerfung des georgischen Staates unter den Einfluss der Strippenzieher pro-amerikanischer NGOs. Deren Macht ist evident: Die jüngsten Proteste in Tiflis kamen nicht aus heiterem Himmel, doch sie endeten wie von Zauberhand.

Die Vereinigten Staaten befürchten in Georgien keine ernsthaften pro-russischen Stimmungen. Natürlich gibt es in Georgien pro-russisch gestimmte Menschen, aber ihre Möglichkeiten, sich öffentlich zu äußern, sind minimal. In den Vereinigten Staaten ist man sich ziemlich sicher, dass die Gesellschaft und der georgische Staat ausschließlich der informationspolitischen Einflussnahme der USA selbst ausgesetzt sind. Und sie haben Recht: Es gibt einfach keine anderen Spieler auf dem informationspolitischen Feld Georgiens. Vielleicht ein wenig die Türkei, aber das ist eine reine Nischensache.

Wichtig ist aber, dass jedes Ergebnis für die USA akzeptabel ist: Wenn es gelingt, die aktuelle neutralstehende Regierung zu stürzen und offen pro-amerikanische Schützlinge an die Macht zu bringen ‒ gut, besonders nach den Erklärungen des georgischen Premierministers Irakli Garibaschwili, dass Georgien keine "zweite Front" gegen Russland eröffnen werde.

Für Russland bedeutet selbst ein rein politischer Revanchismus in Tiflis, der von jenseits des Ozeans geschürt wird, das Entstehen von Risiken, auf die man irgendwie reagieren werden muss.

Eine Chaotisierung des Landes ist auch keine schlechte Lösung, weil Russland dennoch einen Spannungsherd in der Nähe seiner Grenzen bekommen wird. Daher ist der wichtigste Slogan der Amerikaner: maximale Freiheit "ohne Grenzen", was im Idealfall die Beseitigung der staatlichen Kontrolle über die Medien und die NGOs bedeutet. Eine qualitativ andere Situation ergibt sich in Europa. Die Vereinigten Staaten, denen die europäischen Länder als untergeordnete Satelliten erscheinen, befürchten eine Tendenz der Ernüchterung in der europäischen öffentlichen Meinung. Sie bringen das Aufkommen solcher Stimmungen mit der pro-russischen Propaganda in Verbindung, doch es ist nur der Wille, kein "Bündel Brennholz" zu werden, das Washington ohne Zögern in das Feuer eines großen europäischen Krieges werfen wird. Provisorisch werden aber alle europäischen Investitionsressourcen und Technologien bis zum Äußersten abgezogen, und was noch wichtiger ist: Die Aussichten auf eine europäisch-chinesische wirtschaftliche Zusammenarbeit werden endgültig untergraben sein.

Washington verfügt über genügend politische Mittel, doch die Zivilgesellschaft wird trotz umfangreicher Gehirnwäsche nicht umfassend kontrolliert.

Es gibt noch Überbleibsel der europäischen Demokratie aus den 1970er und 1980er Jahren.

Außerdem können sich die Vereinigten Staaten das Chaos in Europa nicht leisten ‒ zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt. Die Europäische Union muss bis zum bitteren Ende ihre Bestimmung als Stützpfeiler der antirussischen politisch-militärischen Koalition erfüllen, während Washington der europäischen Wirtschaft den letzten Tropfen Lebenssaft aussaugt und in das wackelige US-Finanzsystem pumpt.

Aus diesem Grund benötigen sowohl Washington als auch die Europäische Kommission eine Situation in Europa, die das Spiegelbild dessen ist, was in Georgien geschaffen wird: eine maximale Einschränkung der externen Informationen und des politischen Einflusses. Die Amerikaner möchten in Europa eine Friedhofsruhe, und das bedeutet eine die Zivilgesellschaft, die der Möglichkeit eines offenen Dialogs mit Vertretern anderer Gesellschaften und sogar innerhalb ihrer eigenen Länder beraubt ist, die von einer anderen Sichtweise der politischen und sozialen Perspektive (nicht nur der russischen, sondern auch der chinesischen) abgeschnitten ist.

Die Schrauben in den Bereichen der Information und der Politik müssen weiter angezogen werden. Bis zum charakteristischen Knacksen des Rückgrats der europäischen Demokratie.

Übersetzt aus dem Russischen.

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