Europa

Grenzen der Pressefreiheit: Lettischer Minister fordert Ausweisung russischen Oppositionssenders

Der russische Oppositionssender Doschd war im Westen wegen seiner Berichterstattung bislang stets willkommen. Nun ist er dem offiziellen Lettland offenbar zu "prorussisch" geworden. Selbst der Rausschmiss eines Moderators, der russische Mobilisierte anrufen ließ, glättet die Wogen offenbar nicht mehr.
Grenzen der Pressefreiheit: Lettischer Minister fordert Ausweisung russischen OppositionssendersQuelle: AFP © VASILY MAXIMOV / AFP

Der schnelle Rauswurf des langjährigen Moderators scheint dem russischen Oppositionssender nicht viel zu nutzen: Der lettische Verteidigungsminister Artis Pabriks hat am Freitag trotzdem die Ausweisung des derzeit in Riga residierenden TV-Senders Doschd aus dem Land gefordert. Auf seinem Twitter schrieb Pabriks: 

"Ich denke, Doschd sollte nach Russland umziehen, man sollte ihnen die Aufenthaltserlaubnis entziehen. Unsere Geduld ist aufgebraucht."

Der Grund für die Unzufriedenheit des Letten mit der russischen Opposition:  

TV-Moderator Alexei Korosteljow hat in der Nachrichtensendung am Donnerstag über Versorgungsprobleme der russischen Armee berichtet und äußerte in der Abmoderation die Hoffnung (zumindest wurden seine Worte so verstanden), den Mobilisierten, die den Sender anrufen oder ihm schreiben, "mit Ausrüstung und der Schaffung elementaren Komforts an der Front" geholfen zu haben und weiterhin zu helfen. 

Die letzte Ausgabe der Nachrichten mit seiner Moderation ist weiterhin online, die fragliche Passage ist offensichtlich herausgeschnitten.

Die Äußerung des Moderators erntete in den Kommentaren sofort einen "Shitstorm". Zudem berichteten ukrainische Medien ausgiebig darüber. So schrieb beispielsweise die ukrainische Nachrichtenplattform dialog.ua:  "Der vermeintlich oppositionelle TV-Sender Doschd, der in die EU geflohen ist, ist besorgt über den Komfort der russischen Besatzer an der Front und versprach ihnen Hilfe." Redaktionsleiter Tichon Dsjadko äußerte zuerst, Korosteljow sei missverstanden worden, traf aber kurz darauf offenbar die Entscheidung zum Rausschmiss des Journalisten. 

Am Freitag gab der Sender bekannt, sich von seinem langjährigen Mitarbeiter zu trennen. 

"Es ist unzulässig, sich in der Sendung in einer Weise auszudrücken, die Zweifel an unserer Position wecken könnte. Deshalb haben wir beschlossen, die Zusammenarbeit mit Alexei Korosteljow ab heute einzustellen. Wir entschuldigen uns für die Äußerungen, die am Vortag in der Sendung gemacht wurden",

begründete Ekaterina Kotrikadse, Leiterin des Informationsdienstes des Senders, die Kündigung Korosteljows.

Der Sender, der derzeit aus der lettischen Hauptstadt sendet, hat offensichtlich seit einiger Zeit Probleme mit örtlichen Behörden. Ebenfalls am Freitag teilte die Nachrichtenagentur RIA Nowosti mit, Lettland habe Doschd eine Geldbuße auferlegt. Die angeblichen Vergehen des prowestlichen Oppositionssenders: Er habe eine Karte gezeigt, auf der die Krim als Teil Russlands dargestellt ist, und habe die russische Armee "unsere Armee" genannt.

Wegen ausländischer Finanzierung wurde Doschd in Russland im August 2021 zum ausländischen Agenten erklärt. Am 1. März beanstandete die russische Generalstaatsanwaltschaft die Berichterstattung des Senders über die militärische Operation in der Ukraine als Falschberichterstattung. Darauf stellte er am 2. März den Sendebetrieb ein, viele der Mitarbeiter verließen Russland. Am 18. Juli nahm er den Sendebetrieb von Riga aus wieder auf. Außer dem Studio in Riga verfügt Doschd über Studios in Paris, Amsterdam und dem georgischen Tbilissi (Tiflis).

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