Europa

Alles wegen einer Liedzeile? Durchsuchungswelle in orthodoxen Klöstern der Ukraine

Am Montag haben Durchsuchungen in dem berühmten Kiewer Höhlenkloster sowie in zwei Klöstern der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats in der Westukraine begonnen. Vorwand ist ein Ermittlungsverfahren wegen einer Liedzeile, in dem Russland erwähnt wird.
Alles wegen einer Liedzeile? Durchsuchungswelle in orthodoxen Klöstern der Ukraine© Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU), Pressedienst

Der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) hat am Montagmorgen mit Durchsuchungen in mehreren orthodoxen Klöstern der Ukraine begonnen. Das Nachrichtenportal strana.ua veröffentlichte Aufnahmen aus dem berühmten Kiewer Höhlenkloster, auf denen man Dutzende uniformierte Beamte auf dem Gelände des Heiligtums sieht. Der SBU hat die Durchführung der Durchsuchungen inzwischen offiziell bestätigt. 

Außerdem haben Durchsuchungen in zwei Klöstern in der Westukraine, darunter einem Frauenkloster, stattgefunden, schreibt strana.ua und beruft sich auf eine Pressemitteilung der örtlichen Abteilung des SBU im Gebiet Rowno. 

Gegen die Mönche wird wegen angeblicher Gesänge im Gottesdienst, in denen um ein Wiedererstarken Russlands gebetet worden sein soll, ermittelt. Der Vikar des Höhlenklosters, Metropolit Paulus (Lebed), erklärte zu diesem Vorwurf in der vergangenen Woche, der Geistliche Zakharia, der seinen Gemeindemitgliedern erlaubt habe, ein "weltliches Lied zu singen, das keinen Bezug zum Gottesdienst hat", sei inzwischen von der Abhaltung von Liturgien und Gebeten ausgeschlossen worden.

Nach Informationen der Nachrichtenplattform Bund Orthodoxer Journalisten handle es sich bei dem Lied um den "Gesang an die Mutter Gottes", das die Liedzeile "Glockengeläut ertönt über Russland, das Mütterchen-Rus wird wiedergeboren" enthalte. 

Der SBU selbst rechtfertigte seine Durchsuchungen als "Maßnahmen zur Bekämpfung subversiver Aktivitäten der russischen Spezialdienste in der Ukraine". Laut einer Erklärung auf dem Telegram-Kanal des Dienstes prüfen die Strafverfolgungsbehörden insbesondere Informationen "über die Nutzung des Klostergeländes zum Verstecken von Sabotage- und Aufklärungsgruppen, Ausländern und zur Lagerung von Waffen".

Zu den Durchsuchungen in den Klöstern der Westukraine schreibt die der Ukrainischen Orthodoxen Kirche nahestehende Nachrichtenplattform "Bund Orthodoxer Journalisten": 

"Die Ordnungskräfte kamen in das Korezki-Nonnenkloster und das Kloster zu Ehren der Ikone der Gottesmutter von Wolyn im Dorf Serniki, Bezirk Zarechnya. Sie durchsuchten auch die Räumlichkeiten der Diözese."

Erste vom SBU veröffentlichte Aufnahmen des beschlagnahmten Materials zeigen Ikonen des in der Russisch-Orthodoxen Kirche als Märtyrer verehrten letzten Zaren Nikolaus II und seiner Frau Alexandra sowie religiöse Literatur russischer Verlage. 

Das Kiewer Höhlenkloster ist eines der wichtigsten Heiligtümer der östlichen Orthodoxie. Gegründet im Jahre 1051 überstand es selbst die Zeiten der vollständigen Verwüstung Kiews und der weitgehenden Entvölkerung des südrussischen Landesteils. Obwohl sich das Zentrum der ostslawischen Orthodoxie im 13. Jahrhundert nach Norden verlagerte, hielten in den Höhlen an den steilen Hängen des Dnjepr durchgängig Generationen von Mönchen Stellung und das orthodoxe Leben, von kurzen Unterbrechungen nach Überfällen der "Goldenen Horde" und in den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts abgesehen, aufrecht. 

Seit dem Sieg des nationalistischen Maidan im Februar 2014 steht die kanonische Ukrainische Orthodoxe Kirche wegen ihrer traditionellen, wenn auch in letzter Zeit eher symbolischen Zugehörigkeit zum Moskauer Patriarchat (die UOK ist seit 1990 mit weitgehender Selbstverwaltung ausgestattet) unter massivem Druck. Zwei Abspaltungen wurden von den neuen Machthabern seitdem unverhohlen bevorzugt und mit staatlichen Mitteln, etwa im Rahmen der Einführung der Militärkapläne, bedacht. Ungehindert, zum Teil sogar mit staatlicher Unterstützung, ergreifen Anhänger der Abspaltungen unter Einsatz von Gewalt Besitz von Kirchen und verdrängen die traditionellen Gemeinden.

Ende 2018 wurden die Abspaltungen unter der Schirmherrschaft des damaligen Präsidenten Poroschenko zur "Orthodoxen Kirche der Ukraine" vereinigt, die 2019 von dem Patriarchen von Konstantinopel als "unabhängig" anerkannt wurde. In der orthodoxen Weltkirche ist dieser Akt umstritten und wird teilweise als ein nicht kanonischer Eingriff in den Hoheitsbereich des Moskauer Patriarchen verurteilt. Bislang haben nur vier der je nach Deutung 14 oder 15 Orthodoxen Kirchen die "Orthodoxe Kirche der Ukraine" anerkannt. Auch unter ukrainischen Gläubigen hat die Neugründung bislang nur beschränkten Erfolg

Seit 2018 gibt es wiederholt Bestrebungen und politische Initiativen, die Klöster der Ukraine an die neu gegründete Nationalkirche zu übertragen.  

Mehr zum Thema - Patriarch der Zwietracht – Die Russisch-Orthodoxe Kirche und der Ukraine-Krieg

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.