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Dramatischer Lehrermangel in Berlin – Zahl der Quereinsteiger wächst weiter

Berlin ist für Lehrer offenbar kein attraktives Pflaster. Der Senat hat große Probleme, ausgebildetes Personal für die Schulen zu finden. In Zukunft dürfte sich die Situation weiter verschärfen. Im Wahlkampf wird jetzt wieder über Verbeamtung geredet – nur Taktik?
Dramatischer Lehrermangel in Berlin – Zahl der Quereinsteiger wächst weiterQuelle: Reuters © Michele Tantussi

Die Personallage an Berliner Schulen wird immer schwieriger. Berliner Schulen haben es zunehmend schwer, Stellen mit voll ausgebildeten Lehrern zu besetzen. "Es gibt viele Schulen, die keine einzige regulär ausgebildete Lehrkraft mehr finden", sagte der Co-Vorsitzende der Berliner Vereinigung der Sekundarschulleitungen (BISSS), Sven Zimmerschied, dem Tagesspiegel.

Unter den rund 33.000 Lehrern in Berlin liegt die Zahl der Quereinsteiger, die kein Lehramtsstudium absolviert haben, der Zeitung zufolge inzwischen bei rund 7.000.

Für das neue Schuljahr waren insgesamt 2.440 Vollzeitstellen zu füllen. In einer Pressemitteilung teilte die Senatsverwaltung mit, dass trotz der coronabedingten Schwierigkeiten insgesamt 2.886 Lehrer (darunter auch Teilzeitkräfte) rekrutiert werden konnten.

Ruhestand wird Lage weiter verschärfen

Die Bildungsgewerkschaft GEW bilanzierte am Sonntag die Einstellungen zwischen 2016 und 2021 und bestätigte die Zahlen des Tagesspiegels, wonach in diesem Jahr nur noch 40 Prozent der diesjährig neu eingestellten Lehrer reguläre Lehrkräfte ("Laufbahnbewerber") sind, in den Grundschulen sogar nur "15 bis 20 Prozent".

Berlin ist das einzige Bundesland, das Lehrkräfte nicht verbeamtet. Mehrere Berliner Schulleiterverbände hatten bereits vor den Sommerferien angesichts des Lehrkräftemangels Alarm geschlagen und gefordert, zur Verbeamtung zurückzukehren. In Berlin werden Lehrkräfte seit 2004 nicht mehr verbeamtet – inzwischen anders als in allen übrigen Bundesländern.

Andernfalls sei der wachsende Bedarf angesichts der anstehenden Pensionierungszahlen bei gleichzeitig steigenden Schülerzahlen nicht zu decken, argumentierte die Vorsitzende des Interessenverbands Berliner Schulleitungen (IBS), Astrid-Sabine Busse. Ein Drittel aller Lehrkräfte in Berlin seien 55 Jahre oder älter – viele davon gingen in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand. Laut Busse wird für das Schuljahr 2025/26 ein Bestand von 23.000 Lehrkräften erwartet – bei einem Bedarf von rund 32.860.

Verbeamtung als Wahlkampftaktik?

Sven Zimmerschied von der Vereinigung der Schulleiter von Sekundarschulen (BISSS) bestätigte, es gebe bereits ein massives Personalproblem. "Es ist dramatisch. Berlin muss endlich wieder verbeamten", sagte er. Stellen mit klassisch ausgebildeten Lehrkräften zu besetzen, sei schon jetzt oft unrealistisch.

Busse befürchtet gravierende Folgen: "Die Unterrichtsqualität leidet", sagte die Leiterin einer Grundschule in Neukölln. Dabei sei es ohnehin schwierig genug, die Lernrückstände, die sich durch die Pandemie gebildet haben, aufzuholen. 

Die Ausbildung von Lehrkräften in der Hauptstadt sei anerkanntermaßen gut, betonte Busse. "Dann kommt der Tag des zweiten Examens, und dann sagt uns die Kollegin: 'Es war schön bei Ihnen, ich bedanke mich, aber ich bleibe nicht in Berlin.'" Viele junge Lehrkräfte gingen ins Nachbarland Brandenburg.

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) ist inzwischen ebenfalls für die Verbeamtung von Lehrkräften. "Wenn außer Berlin alle anderen Bundesländer verbeamten, muss die Politik sich der Realität stellen", teilte sie am Montag mit. Das sei bisher am Widerstand der Koalitionspartner gescheitert. Dies scheint sich jetzt aber zu ändern.

Die Spitzenkandidatin der Berliner Grünen für die Abgeordnetenhauswahl, Bettina Jarasch, gibt sich seit Kurzem offen für die Verbeamtung von Lehrern. "Wenn es wirklich keine bessere Lösung gibt, um genügend Personal für unsere Schulen zu gewinnen (...), dann bin ich bereit, auch über Verbeamtung zu sprechen", sagte Jarasch der Berliner Morgenpost. Andere Parteien nennen das "pure Wahlkampftaktik".

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